Pressespiegel

Rede des Vorstandsvorsitzenden der Deutsch-Orientalischen Gesellschaft für Bildung auf dem ersten Deutsch-Arabischen Bildungsforum am 6. und 7. Mai 2009 in Berlin

Aufbruch der Bildung in den arabischen Ländern und der deutsche Beitrag

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Rednerin vor mir begrüßte Sie mit dem Segensgruß لسم علیکم as-salam alaikum! Die arabischen Konferenzteilnehmer unter uns haben sofort den Gruß laut erwidert: و علیکم آلسذم wa alaikum as-salam! Das fasziniert mich. Ein rein deutsches Publikum würde so spontan nicht reagieren. Ich begrüße Sie daher ebenfalls freundlich und wünsche Ihnen مساع الخیر masa´ al-chair. Begegnung beginnt mit Sprache.

Zunächst möchte ich mich herzlich bei den Veranstaltern der Ghorfa und i-move für die Einladung bedanken. Die "Deutsch-orientalische Gesellschaft für Bildung", ist ja noch ganz jung. Sie wurde am 31. März dieses Jahres in Frankfurt am Main gegründet. Mit 5 Wochen ist die neue Gesellschaft noch ein kleines Baby, und meine Rede gleicht daher auch noch eher dem Schreien eines Kindes als einer artikulierten Rede.

Die Gründer der Deutsch-orientalischen Gesellschaft für Bildung sind Professoren, engagierte Studenten und Studentinnen sowie renommierte Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. In unserem Kuratorium sind neben Hochschullehrern für Medizin, Finanzen und (islamischem) Recht beispielsweise auch der Verleger Dr. h.c. mult. W. Georg Olms. Er hat zwei Leidenschaften: Bücher und Araber-Pferde. In einem eigenen Gestüt züchtet er reinrassiges arabisches Wüstenblut. Er will mit diesen Asil-Züchtungen an die Anfänge dieses bedeutsamen Teils arabischer-beduinischer Kultur zurückgehen.

Und genau das wollen wir mit der jungen Gesellschaft auch tun: in dem deutsch-orientalischen Bildungsaustausch auch in die ursprüngliche geographische Region zurückgehen, in der die arabische Bildung und Kultur ihre Wurzeln haben, nämlich in der Wüste.

In einem modernen Veranstaltungsraum wie diesem, in dem wir uns gerade befinden, mag die Vorstellung von heissem Wüstensand abstrakt klingen. Dennoch ist es so, dass die drei abrahamitischen Religionen des Judentums, des Christentums und des Islams – sowie auch zoroasthrische Strömungen – in der Wüste entstanden sind. Der Monotheismus ist in der Wüste geboren. Unser "Vater Abraham" ist aus Ur in Chaldäa, dem heutigen Irak, aufgebrochen.

Eine heutige Bildungs-Reise sollte genau den umgekehrten Weg Abrahams zurücklegen.

Wo es um einen deutsch-arabischen Bildungsaustausch geht, sollten die Orte der Entstehung arabischer Kultur auch zum geistigen Ausgangspunkt gewählt werden. Ein Fluss ist frisch an seiner Quelle.

Stellvertretend auch für andere arabische Länder hat der Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate, H.H. Sheikh Khalifa bin Zayed Al-Nahayan, als Ziel für sein Land erklärt, eine "wissensbasierte Gesellschaft" werden zu wollen. Zu demselben Zweck kündigte auch der Vizepräsident und Premierminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher von Dubai, H.H. Sheikh Mohammad bin Rashid Al-Maktoum, auf dem Weltwirtschaftsforum für den Mittleren Osten am Toten Meer in Jordanien die Gründung einer Bildungs-Stiftung an. Das Stiftungskapital lag bei einer Höhe von 7 Mrd. Euro. Er hat dies aus zwei Gründen getan:

1. Vom 10. bis 12. Jahrhundert erreichte die arabische Kultur ihren Höhepunkt in den Wissenschaften der Mathematik, Astronomie und Medizin sowie in der Philosophie. Europa war hier der empfangende Teil dieser arabischen Blütezeit wissenschaftlichen Geistes. Europa verdankt der arabischen Wissenschaft und Philosophie dieser Zeit sehr viel. Auf uns wären beispielsweise nicht die Kenntnisse der kompletten Werke des griechischen Philosophen Aristoteles überkommen, wenn dessen Schriften nicht ins Arabische übersetzt und kommentiert worden wären. Über den "Umweg" der arabischen Übersetzungen ist die europäische Scholastik in der Auseinandersetzung mit der Philosophie des Aristoteles überhaupt erst entstanden. An diese Blütezeiten arabischer Bildung wieder anzuschliessen und "lange verlorenes Terrain bei Bildung und Wissenschaft in der Arabischen Welt zurück zu gewinnen und zur westlichen Welt aufzuschließen", ist Ziel des Aufbaus wissensbasierter Gesellschaften. Die arabische Welt steht heute vor einer neuen Bildungsrevolution.

2. Der Jugend sollen Hoffnung und attraktive Ziele für die Zukunft vermittelt werden, um sie vor der Anwendung von Gewalt zu schützen. Sie soll davon abgehalten werden, "Beute fundamentalistischer Organisationen zu werden". Gebildete Menschen werden nicht zu Terroristen.

Beim Aufbau wissensbasierter Gesellschaften werden die Universitäten dabei in "forschungs-intensive Institute" transformiert. In seiner Eröffnungsrede dieses ersten deutsch-arabischen Bildungsforums in Berlin betonte auch der deutsche Botschafter des Königreichs Saudi-Arabien, S.E. Prof. Dr. med. Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi, die Notwendigkeit des Umbaus saudi-arabischer Hochschulen in "forschungsintensive Institute" auf Weltniveau.

Die Universitäten als Stätten des Geistes und der Forschung gewinnen damit die Schlüssel- und Führungsrolle beim Umbau der Gesellschaften. Veränderungen gehen oft von den Hochschulen aus, was nicht zuletzt von möglichen gesellschaftlichen Veränderungen auch im Iran zu erwarten ist.

Gegenwärtig besteht in den arabischen Ländern eine klare Dominanz des angelsächsischen Hochschulsystems. So waren etwa auf der diesjährigen Hochschulmesse Getex im März in Dubai vor allem Universitäten aus Australien, USA, England und Kanada und daneben indische Universitäten prominent vertreten. Dagegen war nur eine einzige deutsche Universität präsent, und zwar die deutsche Universität aus Kairo.

Die emiratische Führungsspitze hat erkannt, dass das Konzept forschungsintensiver Hochschulen ursprünglich in Deutschland in der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde, und zwar hier in Berlin unter Wilhelm von Humboldt und im klassischen Weimar der Goethezeit. Der Humboldtsche Reformansatz nahm eine Entwicklung vorweg, die man heute als "Exzellenz-Initiative" an europäischen Hochschulen bezeichnet. Diese sieht eine intensive Förderung der wissenschaftlichen Einzeldisziplinen vor.

Andererseits war der typisch deutsche Bildungsbegriff des 18. und 19. Jahrhunderts von dem Bestreben einer umfassenden Erziehung des ganzen Menschen begleitet, der das Wissen um verbindliche Normen und ethisches Verhalten mit einschloss. In diesem umfassenden Bildungsbegriff, der einer Zergliederung des Wissens in Einzeldisziplinen entgegenwirkt, liegt auch der typisch deutsche Beitrag, der für den Umbau arabischer Hochschulen besonders wichtig sein kann.

Der deutsche Bildungsbegriff kann die Modernisierungen der arabischen Hochschulen nach angelsächsischem System sinnvoll ergänzen und einer Entwicklung entgegensteuern, die Bildung auf Ausbildung reduziert. Die Deutschen genießen in den arabischen Ländern einen hervorragenden Ruf und können gerade durch den deutschen Bildungsbegriff einen wertvollen Beitrag im Wandel arabischer Gesellschaften leisten.

Die Transformation führender emiratischer Hochschulen, allen voran der United-Arab- Emirates-University in Al-Ain an der Grenze zum Oman, in international anerkannte Forschungseinrichtungen vollzieht sich gegenwärtig nach dem deutschen Hochschulrahmengesetz. Vorbildlich ist dabei allerdings weniger die Reformierung der Hochschulen nach dem sogenannten "Bologna-Prozess", der mehr auf internationale Vergleichbarkeit der Hochschulabschlüsse ausgerichtet ist.

Die UAE-Universität treibt den Transformationsprozess nach dem deutschen Hochschul-rahmengesetz von 1985 voran. Dieses sieht zentral die Intensivierung der Forschung auf internationalem Top-Niveau vor. Internationale Hochschulrankings, beispielsweise das Rating-System Times Higher Education (THE) – QS aus Shanghai, bemessen die führende Stellung der Universitäten etwa an den Kriterien, ob die besten Professoren in ihren Reihen lehren, an Anzahl und Qualität wissenschaftlicher Publikationen und Doktorarbeiten sowie an der Intensität eines schöpferisch-produktiven Forschungsklimas sowie der Internationalität der Studierenden. Ziel der UAE-Universität in Al-Ain ist es, innerhalb der weltweit führenden Universitäten auf einen Rang unter den Top-100 Universitäten innerhalb von fünf Jahren zu gelangen.

Die Deutsch-orientalische Gesellschaft für Bildung ist daher im wesentlichen aus zwei inhaltlichen Gründen ins Leben gerufen worden: erstens die Transformationsprozesse arabischer Hochschulen in forschungsintensive Institute durch gezielte Kooperationen mit deutschen Spitzeninstituten auf bestimmten Forschungsgebieten zu fördern. Der Hochschulaustausch soll sich dabei nicht nur auf Universitäten aus arabischen Ländern beschränken, sondern bezieht den Wissenstransfer mit Universitäten aus dem Iran, der Türkei und Indien mit ein.

Zweitens unterstützt die Deutsch-orientalische Gesellschaft für Bildung die jungen Universitäten aus Nahost bei ihrem Aufbau als renommierte Hochschul-Marken. Denn nur eine ausgebildete universitäre Marke ist dazu in der Lage, die besten Professoren anzuziehen. Nur eine bekannte Universitäts-Marke schafft einen Anreiz für talentierte Studierende aus dem Ausland, anstatt in Harvard, Cambridge oder der Sorbonne in Paris das Studium an einer arabischen Wüstenuniversität fortzusetzen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Shukran. شکراً


Cellesche Nachrichten

Deutsches Erdölmuseum verschenkt wissenschaftliche Bücher an arabische Universitäten
Hochschulaustausch zwischen Universität aus Kuwait und Hochschulen aus Niedersachsen von der Deutsch-Orientalischen Gesellschaft für Bildung geplant

Wietze, 20.Mai 2009.- Die wissenschaftlichen Ergebnissen jahrzehntelanger deutscher Erdölforschung werden Bibliotheken arabischer Universitäten jetzt frei zur Verfügung gestellt. Der Museumsleiter des Deutschen Erdölmuseums Wietze, Dr. Martin Salesch, übergab in einer großzügigen Schenkung dem Vorstandsvorsitzenden der "Deutsch-orientalischen Gesellschaft für Bildung" Frankfurt/Dubai, Dr. Frank Höselbarth, die komplette Forschungsreihe des „Chemical Reports“ der Jahre von 1930 bis 1975 aus den Archivbeständen des Museums.

"Damit machen wir einen ersten kleinen Schritt in Richtung eines deutsch-arabischen Wissenstransfers in der Erdölforschung", betonte Martin Salesch auf der öffentlichen Veranstaltung. Die wissenschaftlichen Publikationen sollen nach Kuwait an die größte Universität des arabischen Golfstaates und in die Vereinigten Arabischen Emirate verschifft werden. Wie Frank Höselbarth bekräftigte, "will sich der kuwaitische Generalkonsul in Frankfurt, Seine Exzellenz Yousef Ahmad Abdul-Samad, für einen Wissenstransfer in der Erdölforschung zwischen den beiden Ländern einsetzen."

Geplant ist ein Austausch zwischen der kuwaitischen Universität mit der Hochschule Clausthal-Zellerfeld, deutschen Energieunternehmen sowie der Bohrfachschule in Celle und dem Deutschen Erdölmuseum, um eine gemeinsame forschungsintensive Zusammenarbeit in der Erölforschung in Zukunft zu gestalten. Das Deutsche Erdölmuseum in Wietze steht auf den Ölfeldern, auf denen 1859 die weltweit erste ölfündige Bohrung vor 150 Jahren durchgeführt wurde.