"Deutsch-Orientalische Gesellschaft für Bildung" fördert Kooperationen mit Hochschulen aus Nahost

Die Zukunft eines jeden Kulturkreises liegt in der Bildung. Arabische Länder haben die entscheidende Bedeutung der Bildung erkannt und stehen vor einer Bildungsrevolution. Es entstehen wissensbasierte Gesellschaften im arabischen Raum.

Universitäten, insbesondere in den arabischen Golfstaaten und Saudi-Arabien, streben nach Forschung auf Weltniveau. Sie knüpfen an die eigenen Bildungstraditionen an und beziehen sich auf Konzepte über Bildung und Forschung, die in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt wurden.

Die "Deutsch-orientalische Gesellschaft für Bildung" wurde gegründet, um unterschiedliche Bildungstraditionen zu vernetzen. Der gemeinnützige Verein fördert Bildung und den Austausch von Wissen durch Kooperationen zwischen deutschen Hochschulen mit Universitäten aus den arabischen Ländern, Iran, Türkei und Indien.

Hierfür steht auch der Abakus in unserem Logo, der die gemeinsame Wurzel der Wissenschaft und der Bildung in Ost und West verkörpert.

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Erste Publikation der "Deutsch-Orientalischen Gesellschaft für Bildung"

"Die Bildungsrevolution am Golf. Ein Handbuch"
"The Education Revolution in the Gulf. A Guide"
OLMS-Verlag, Hildesheim Zürich New York, 2010

http://www.olms.de/artikel_15356.ahtml

Rezension zum Buch bei der DAG

Eine Rezension zum Handbuch finden Sie bei der Deutsch-Arabischen Gesellschaft (DAG).

Rezension zum Buch in der F.A.Z.

In der Rubrik "Neue Sachbücher" erschien im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Samstag, 17.07.2010 (Nr. 163 / Seite 32) eine Rezension zu dem Buch:

Im neuen Haus der Weisheit lässt sich vielleicht die Freiheit üben

Von der Koranschule zur Eliteuniversität: Frank Höselbarth beschreibt die Bildungsrevolution in den arabischen Golfstaaten

Der Urgroßvater war noch unter Bastmatten in den Koran eingewiesen worden, der Großvater besuchte eine provisorische Primarschule, einige der Väter studierten bereits im westlichen Ausland. Die Töchter und Söhne aber studieren heute in ihren eigenen Staaten, und das an modernen Universitäten. In den arabischen Golfstaaten hat eine Bildungsrevolution eingesetzt.

Die Arabische Halbinsel ist keine Hochschulwüste mehr. Im Gegenteil, eine beeindruckende Entwicklung hat eingesetzt. Saudi-Arabien gibt ein Zehntel seines Bruttoinlandsprodukts für Erziehung und Bildung aus, allein in den letzten fünf Jahren wurden landesweit fünfzig Hochschulen eröffnet. Frank Höselbarth, der Vorsitzende der Deutsch-Orientalischen Gesellschaft für Bildung, hat nun ein Kompendium der aktuellen Hochschullandschaft am Golf vorgelegt, eine Kartographie der Bildung. Petrodollars haben in den vergangenen Jahrzehnten im neuen Arabien eine Entwicklung angestoßen, deren Geschwindigkeit in der Geschichte der Menschheit ihresgleichen sucht. Nun verändern die Hochschulen die Gesellschaften. Zwei Drittel der Studierenden sind Frauen, die hoch motiviert sind und nach dem Abschluss meist ins Berufsleben eintreten.

An der Spitze der Bildungsrevolution stehen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Qatar. Leuchttürme sind neben der naturwissenschaftlich ausgerichteten Kaust in Dschidda der Campus der Qatar Foundation, in der sich Fakultäten von sechs amerikanischen Eliteuniversitäten angesiedelt haben. Neben ihr floriert aber auch die bereits 1973 gegründete Qatar University. In Dubai stehen als Folge der Kommerzialisierung des Emirats betriebswirtschaftliche Studiengänge im Vordergrund, Abu Dhabi setzt hingegen mit der Sorbonne und der New York University auch auf Geisteswissenschaften. Der erste Studiengang der Sorbonne erhielt Mitte Mai seine Diplome. Der Fächerkanon reicht von Philosophie über französische Literatur und Kunstgeschichte bis zu Jura und Soziologie. Nun sollen Masterprogramme für Museums- und Archivstudien das Angebot erweitern.

Die neuen Universitäten wollten an das arabische Erbe des "Bait al hikma" anknüpfen, an das "Haus der Weisheit", schreibt Höselbarth. Der Abbasidenkalif Mamun hatte es 830 in Bagdad gegründet. Die Hochschulen seien also nichts Fremdes. Das "Haus der Weisheit" hatte sich mit Philosophie, Medizin und den Naturwissenschaften beschäftigt, teils auf der Grundlage der dort übersetzten Werke aus dem Griechischen und aus anderen Sprachen. Das "Haus der Weisheit" wurde Modell für weitere Vorläufer moderner Hochschulen, insbesondere in Andalusien. Der Frankfurter Fuat Sezgin, Professor zur Erforschung der Geschichte der arabisch-islamischen Wissenschaften, macht die damalige Offenheit des Islams und die "religiöse Verehrung des Wissens" für die Blüte verantwortlich. Der Gegenwart lehre das "Haus der Weisheit", dass es auch in der arabisch-islamischen Welt ein ausgewogenes Verhältnis von Technik und Naturwissenschaften auf der einen Seite sowie Philosophie und Theologie auf der anderen geben könne, argumentiert Höselbarth.

Die jungen Universitäten spiegeln die rasante wirtschaftliche Entwicklung von einem der ärmsten Flecken der Welt zu einer der reichsten Regionen in nur wenigen Generationen wider. Im Vordergrund stehen für die meisten Studenten die Wirtschafts- und Naturwissenschaften. Eine noch zu geringe Rolle spielen die Gesellschafts- und Geisteswissenschaften, obwohl gerade sie bei der Verarbeitung der schnellen Veränderungen gefragt sein werden.

An Deutschland ist die Bildungsrevolution bisher vorbeigegangen, und hier werden ihre Chancen nicht erkannt. Deutsche Universitäten lassen sich aufgrund des forschen Vorgehens amerikanischer Hochschulen zurückdrängen, bedauert Höselbarth zu Recht. Dabei hätten sie aufgrund der Humboldtschen Universitätstradition gute Chancen. Denn arabische Universitäten wollen weg von der reinen Lehre, wollen forschungsintensiver werden und auf Weltniveau vorstoßen. Fragezeichen sind da angebracht. Der Import großer Namen garantiert noch keine Forschung. Sie bedarf eines kreativen Umfelds, das die arabische Welt (noch) nicht kennt. Der saudische König Abdullah hat dies erkannt, und er verlieh der nach ihm benannten Hochschule de facto einen extraterritorialen Status, was viele wahhabitische Rechtsgelehrte erzürnt. Die Hoffnung besteht, dass die Freiheit auf dem Campus auf die saudische Gesellschaft übergreift.

Höselbarth will deutsche und arabische Universitäten als Wunschpartner zusammenbringen und in der arabischen Hochschullandschaft die deutsche Komponente stärken, insbesondere durch die Einrichtung geisteswissenschaftlicher Fakultäten. Auf diesem Feld geschieht erst wenig, aber mehr als Höselbarth schreibt. So haben Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate im vergangenen Jahr ein Abkommen zum Austausch von Studenten vereinbart. Zudem entsendet Saudi-Arabien 130 Medizinstudenten nach Deutschland. Der wichtigste deutsche Beitrag auf der Arabischen Halbinsel ist die deutsche Technologieuniversität in Oman, die 2007 in Kooperation mit der RWTH Aachen gegründet wurde.

RAINER HERMANN

Frank Höselbarth: "Die Bildungsrevolution am Golf/The Education Revolution in the Gulf". Ein Handbuch. Deutsch und englisch. Georg Olms Verlag, Hildesheim 2010. 241 S., Abb., br., 19,80 [Euro].

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